50 Kilometer hinter der deutsch – niederländischen Grenze, in der Provinz Gelderland, startet meine Tour zu den niederländischen Hansestädten.
Von den ehemals 20 Hansestädten haben Doesburg, Zutphen, Deventer, Hattem, Zwolle, Hasselt, Kampen, Elburg und Harderwijk die Zeit überstanden und sich bis heute ihren eigenen Charakter bewahrt.
Die Lage entlang der IJssel war ausschlaggebend, um im Mittelalter der Hanse beizutreten.
Die Hanse war ein Verbund von Städten und Kaufmannsverbänden, der sich von Belgien über Deutschland, Schweden und Polen bis hin nach Lettland und Russland erstreckte.
Mit dem Handel von Hering, Butter, Pelzen, Salz oder Holz erwirtschafteten die Hansestädte und deren Bewohner ein Vermögen.
Ab Mitte des 15. Jahrhunderts verlor die Hanse langsam an Bedeutung, das Handelsgeschäft ebbte ab, aber die prächtigen Bauten der Hansestädte blieben bis heute.
Ich habe bisher fünf der neun niederländischen Hansestädte besucht und nehme euch jetzt mit auf einen Schnelldurchgang durch die historischen Altstädte.
Inhaltsverzeichnis
Zutphen
„Süt-fen“ kommt ungefähr an die korrekte Aussprache ran und es lohnt sich, diese Stadt mit dem schwierig auszusprechenden Namen nicht links liegen zu lassen.
Sie ist eine der ältesten Städte der Niederlande und war schon lange vor ihrer glorreichen Hansezeit immer wieder ein Ziel für Raubzüge und Plünderer. Um die Eindringlinge abzuhalten, erbauten die Bewohner Befestigungsanlagen und einen Ringwall, von denen einige Teile bis heute sehr gut erhalten sind.
Es scheint, als hat sich Zutphen innerhalb der Stadtmauer nur wenig verändert. 450 nationale Baudenkmäler hat der Ort. Darunter sind Packhäuser, Lagerhäuser, Kaufmannshäuser und Kirchen, die sich alle gut zu Fuß durch die schönen Gassen und Straßen erkunden lassen.
Zupthen ist nicht nur die Stadt der Türme, sondern auch die Stadt der Innenhöfe. Die könnt ihr alle bei einer geführten Tour erkunden, oder ihr schaut euch z. B. den Agnietenhofje auf eigene Faust an.
Wenn ihr genug Zeit bei eurem Besuch habt und Zutphen vom Wasser aus erkunden wollt, könnt ihr euch für 6 Euro einen Platz auf einem Flüsterboot sichern. Die kleinen Elektroboote legen im Sommer täglich an der Rijkenhage (am Berkeltor) ab und schippern mit euch durch die Grachten der Stadt.
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Deventer
Die schönste Art Deventer kennenzulernen beginnt, finde ich, mit der Fähranfahrt vom Pontje Deventer. Fünf Minuten dauert die Überfahrt und ihr habt einen tollen Blick auf die Stadt und ihre eindrucksvolle St. Lebuïnus Kirche. Sobald ihr auf der anderen Seite der Ijssel ankommt, sind es gerade mal ein paar Minuten zu Fuß ins Zentrum der Hansestadt.
Mein erster Anlaufpunkt ist die St. Lebuïnus Kirche, von deren Turm ihr den besten Blick auf die Stadt genießen könnt. Gegenüber sticht das Rathaus mit seiner eigenwilligen Fassade hervor. Schaut hier einmal in den Innenhof. Dort könnt ihr einige der 2.264 nachgebildeten Fingerabdrücke, die die Fassade so besonders machen, am besten bewundern.
Dass Deventer einst ein wohlhabender Handelsort war, wird spätestens am „Brink“ deutlich. Dieser riesige Platz, mit seinen vielen Restaurants und Cafes ist das Herz der Stadt und bietet mit dem Museum De Waag – der ehemaligen Stadtwaage – einfach ein schönes Bild.
In den Sommermonaten findet hier das Theater-Festival ‚Deventer Op Stelten‘ statt und falls ihr an einem Samstag hier seid, könnt ihr hier über den Markt schlendern.
Für niederländische Verhältnisse geht es im Bergviertel richtig steil hinauf. Die kleinen Straßen rund um die Bergkirche sind richtig schön. Lasst euch einfach treiben und wenn ihr mögt, dann schaut im Charles Dickens Museum vorbei. Fragt mich nicht, wo der Zusammenhang zwischen Dickens und Deventer liegt. Ich weiß nur, dass Deventer jährlich zu Weihnachten das Dickens Festival ganz groß feiert.
Shopping kommt in Deventer nicht zu kurz. Schaut dafür z. B. in der Nieuwstraat im Gildeviertel vorbei oder besucht die Straßen rund um die Broederkerk.
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Hattem
Hattem ist, im Gegensatz zu den anderen Hansestädten, ein richtig kleiner, verträumter Ort.
Sobald man durch die malerischen, ruhigen Straßen und Gassen streift, kann man kaum glauben, dass hier mal reger Handel betrieben wurde und Hattem eine echte Festungsstadt war.
Die Festung „Dikke Tinne“ mit ihren 7 Metern dicken Mauern ist komplett verschwunden, dafür stehen heute noch Teile der Stadtmauer und das Dijkpoort.
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Zwolle
Vier Kilometer vom malerischen Hattem entfernt liegt Zwolle, die Stadt der Blaufinger.
Der Grund für diesen klangvollen Beinamen war eine Glocke, die die Zwoller den Kampenern im Mittelalter verkauften. Die Bedingung, die die Kampener stellten, war, dass sie die Glocke so zahlen konnten, wie sie wollten. Mit 4 Ladungen Kleingeld, das die Finger der Zwoller Bewohner beim nachzählen blau färbte, beglichen sie den Kauf und gaben den Zwollern den Namen „Blauwvingers“ als Retourkutsche für die Hänseleien.
Heute sind die Zwoller vielleicht sogar etwas stolz auf diese Geschichte. Sonst würden die Blaufingertage, die Zwolle jährlich feiert, sicher einen anderen Namen tragen.
Zwolle ist eine richtig entspannte und moderne Hansestadt. In der Altstadt tummeln sich Geschäfte, Restaurants und das futuristische Museum De Fundatie zwischen dem historischen Sassenpoort, dem Peperbus und dem Grote Markt mit dem Restaurant „In Den Hoofdwacht“, das bis 1614 noch Sitz der Polizeiwache war.
Umschlossen wird das Zentrum vom alten Stadtgraben. Falls ihr genug Zeit habt, geht ruhig einmal um die Innenstadt herum. Ihr werdet mit schönen Ausblicken auf den Stadtkern belohnt.
Wem die Tour auf dem Wasser lieber ist, der kann sich hier ein Donutboot mieten. Vergesst nicht vorher nochmal ordentlich einzukaufen, denn die kleinen runden Boote sind mit einem Grill ausgestattet und das Highlight der Zwoller im Sommer.
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Kampen
In Kampen geht es maritim zu: Jachthäfen und Segelevents ziehen jährlich Wassersportler an.
In den Sommermonaten könnt ihr auf dem Museumsschiff Kamper Kogge in die hansestädtische Vergangenheit der Stadt eintauchen.
Fischfang und das Meer scheinen Kampener seit jeher zu begleiten, so bezeichneten die Bewohner der Nachbarstadt Zwolle die Kampener als „Kamper Steur“.
Eventuell hängt es damit zusammen: In Kampen hatte sich der Bischof für einen Besuch angemeldet. Ein Stör (Steur) sollte es zu diesem feierlichen Anlass geben. Leider verzögerte sich die Ankunft des Ehrengastes und die Kampener überlegten, wie sie den Fisch solange frisch halten konnten. In der Hoffnung, ihn nach einer Woche in der Ijssel wiederzufinden, banden sie ihm eine Glocke um und ließen ihn wieder frei.
Und das ist nicht der einzige Klopfer, den sich die Kampener geleistet haben.
Solltet ihr während der „Kampener-Tage“ die Stadt besuchen, dann wundert euch nicht, dass eine unechte Kuh am Neuen Turm („Nieuwe toren“) hängt. Sie sollte als Rasenmäher auf die grasbewachsene Turmplattform gehievt werden. Dumm nur, dass die Idee mit dem Seil um den Hals nicht erfolgreich war. Die Statue einer Kuh, die neben dem Neuen Turm steht, erinnert die Kampener rund um das Jahr an diese Geschichte.
Kampen ist bei weitem keine Stadt, deren Geschichte man durchweg belächeln kann. Wenn ihr euch auf den Weg in den Stadtpark macht, kommt ihr zu zwei der drei Stadttore: dem Broederpoort und dem Cellebroederspoort. So eindrucksvoll, wie sie aussehen, können die Kampener nicht alles falsch gemacht haben.
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Mir haben alle fünf Städte und ihre Geschichten super gut gefallen. Sobald ich die Chance habe, die anderen Hansestädte zu besuchen, sage ich nicht nein und schreibe ich hier natürlich darüber.
Wart ihr bisher in einer der neun Städte zu besuch? Erzählt mir davon in den Kommentaren!