Als „Das Venedig Hollands“ kündigt der kleine Flyer den niederländischen Ort Giethoorn in fetten Lettern an. Auch die Rückseite geizt nicht mit Lobeshymnen und Superlativen. Passend dazu: das Bild mit glücklichen Leuten in kleinen Booten, die durch eine wirklich postkartentaugliche Grachtenlandschaft gondeln.
Der Flyer hatte seine Wirkung auf mich nicht verfehlt. Ich stehe auf einem der sechs großen Besucherparkplätze von Giethoorn. Es ist 10 Uhr morgens an einem Samstag im Juni. Die Sonne scheint, weiße Wattewölkchen schweben am babyblauen Himmel und prompt biegt der erste Reisebus auf den Parkplatz ein. Genug getrödelt. Jetzt heißt es schnell sein, bevor man den Parkplatz vor lauter Bussen nicht mehr sieht und jedes Boot vermietet ist.
Inhaltsverzeichnis
Die Qual der Wahl am Bootsverleih
Die Fahrtrouten in Giethoorn
1. Die gelbe Route
2. Die rote Route
3. Die grüne Route
Meine Tour durch Giethoorn
Die Qual der Wahl am Bootsverleih
Mein erster Anlaufpunkt ist der Hylkemaweg. Er ist Giethoorns Flaniermeile, die an der Cornelisgracht entlangführt. Auf der Landseite geben sich Restaurants, Bars und Souvenirshops die Klinke in die Hand, auf der Grachtseite preisen die ersten Bootsverleiher ihre motorisierten Wasserfahrzeuge an.
Bootstypen und Preise
Wie sollte es auch anders sein: Boot ist nicht gleich Boot und die Auswahl ist groß.
Diese Bootstypen stehen in Giethoorn zum Verleih bereit:
- Der Klassiker ist das Flüsterboot (Fluisterboot), was seinen Namen dem kleinen Elektromotor verdankt, der das Boot fast lautlos durch die Grachten bewegt. Sechs Personen haben hier Platz und für zwei Stunden könnt ihr mit einem Mietpreis zwischen 20 und 35 Euro rechnen.
Mein Tipp: Macht es nicht wie ich und geht davon aus, dass die optisch älteren Flüsterboote auch die günstigeren sind. - Typisch niederländisch ist der Sloep. Die geräumigen Tuckerboote wurden extra für Gruppenausflüge konzipiert und sind komfortabler ausgestattet. Allein dass es mit einem Lenkrad gesteuert wird, macht sich bei längeren Fahrten absolut bezahlt. Einige Vermieter haben rollstuhlgerechte Sloeps im Angebot. Je nach Anbieter, Größe und Ausstattung zahlt ihr zwischen 30 bis 70 Euro für zwei Stunden.
- Wenn ihr mit Baby und Hund anreist, euch die Selbstfahrboote nicht geheuer sind oder einfach das Wetter nicht mitspielt, gibt es auch die Möglichkeit Giethoorn im überdachten und beheizten (klimatisierten) Rundfahrtboot zu erkunden. Der Kapitän versorgt euch hier zusätzlich mit allen Infos und zur Geschichte Giethoorns. Für die kürzeste Route (Dauer eine Stunde) zahlen Erwachsene und Kinder ab 12 Jahre €12,50 pro Person.
- Wem das alles zu luschig ist, wird vielleicht mit einem Kanu glücklich. Wie bei den motorisierten Booten schwankt der Preis je nach Anbieter, Modell und Mietdauer und startet für ein Kanu bei 7,50 Euro pro Stunde bis hin zum Tagespreis für einen dreier Kanadier von 35 Euro.
Ihr könnt das Fluisterboot und den Sloep auch für einen ganzen Tag mieten. Dann liegt ihr, je nach Bootstyp, zwischen 95 und 175 Euro.
Ich denke, damit habt ihr einen guten Überblick bekommen, was euch preislich ungefähr erwartet und welche Auswahlmöglichkeiten angeboten werden. Nagelt mich nicht darauf fest und Obacht: Es gibt auch Vermieter, die die Preise nach Saison, Wochentag und Uhrzeit anpassen. Also nehmt euch die Zeit und vergleicht die Konditionen vor Ort. Ihr müsst euer Boot nicht in der Cornelisgracht mieten. In ganz Giethoorn werdet ihr auf Anbieter treffen.
↑ Zurück zum Inhaltsverzeichnis
Die Fahrtrouten in Giethoorn
Wenn ihr euren Traumbootsvermieter gefunden habt, geht’s an die nächste Entscheidung: Welche Route wollt ihr fahren?
Ja, tatsächlich gibt es nicht nur DIE eine Route durch Giethoorn, sondern gleich vier.
1. Die gelbe Route
Die sind aufgeteilt in verschiedene Längen und wen wundert es: Auf dem 7 km langen Touristenliebling (die gelbe Route Süd) seit ihr mit den selbststeuerbooten ca. 2 Stunden unterwegs. Ihr startet von Giethoorn Süd Richtung Norden, fahrt dann über den See „Bovenwijde“ ins Naturschutzgebiet und von dort aus zurück nach Giethoorn.
In Giethoorn Nord gibt es auch eine gelbe Route – die ist mit 4 Kilometer Länge eine super Option, wenn ihr hier nur einen kurzen Stop macht und nicht aufs Bootsfahren verzichten wollt.
2. Die rote Route
Tour 2 (rot) ist mit 14 Kilometern die Längste. Hier schippert ihr von Giethoorn Süd durch die bewohnten Grachten nach Giethoorn Nord und dann über das nördliche Naturschutzgebiet runter zum See „Bovenwijde“, wo ihr an die gelbe Route anknüpft.
3. Die grüne Route
Route 3 (grün) führt euch erst mal (wie rot und gelb) durch das malerische Giethoorn. In Giethoorn Nord trennen sich die Wege und ihr biegt links ab in die Thijssengracht und schippert dann entspannt zwischen Naturschutzgebiet und Giethoorner Meer durch die Dwarsgracht bis ihr wieder in die Cornelisgracht einbiegt.
↑ Zurück zum Inhaltsverzeichnis
Meine Tour durch Giethoorn
Genug der trockenen Fakten. Jetzt geht’s ab auf’s Boot und an meine eigenen Erfahrungen.
Ich hab mein Boot an der Cornelisgracht gemietet. Für den ersten Besuch fand ich 2 Stunden ausreichend (man kann ja nie wissen, ob der Flyer das hält, was er verspricht) und habe 25 Euro für ein Flüsterboot gezahlt. Wasser und Knabberzeug (ein Brötchen und Apfel) habe ich vor der Abfahrt im Supermarkt geshoppt. Der liegt praktischerweise direkt am Parkplatz, wo mein Auto stand.
Für das Boot musste ich eine Kaution hinterlegen und habe eine Karte und eine Bootseinweisung bekommen. Mein Flüsterboot hatte einen Elektromotor mit Griff. Man schaut nach vorn, während man mit der Hand hinter dem Rücken lenkt und das Tempo bestimmt.
Ein Vorteil der Cornelisgracht: Sie ist recht breit und daher super geeignet, um sich mit der Steuerung vertraut zu machen, bevor man in die schmalere Dorpsgracht einbiegt.
Die Grachten sind alle Einbahnwasserstraßen, aber teils breit genug, um ein anderes Boot zu überholen. Jedenfalls, wenn ihr den kleinen Elektromotor voll aufdreht. Sich stromlinienförmig nach vorn zu lehnen hat wenig Sinn. Die Boote scheinen alle gleich getaktet zu sein. Da hilft nur: schlau zu manövrieren und einfach wie ein Profi straight geradeaus zu tuckern.
Die Dorpsgracht ist richtig niedlich. Ihr fahrt an schmucken Häusern vorbei, die mit ihren abgeteilten Grundstücken wie kleine Inseln wirken und unter Holzbrücken hindurch, die die einzelnen Grundstücke miteinander verbinden.
Es ist erstaunlich und leicht surreal, mit welcher abgestumpften Gelassenheit die Bewohner z. B. den Rasen mähen, während ein Boot mit staunenden Touristen nach dem nächsten an der Szenerie vorbeigleitet.
An der Molsvaart geht meine Fahrt hinaus auf den Bovenwijde. Auf der Karte sieht der See gar nicht so groß aus, wie er dann wirkt, wenn man in seiner kleinen Nussschale gemächlich einmal quer rüber zum Naturschutzgebiet tuckert.
Im Naturschutzgebiet gleitet man entspannt an Schilfwiesen vorbei und wenn sich der Weg mal zweigt, dann steht dort auf jeden Fall ein Wegweiser, der einen in die richtige Wasserstraße lotst. Genießt die Ruhe, denn irgendwann landet ihr wieder auf dem Bovenwijde und dann wird’s kurz vor Schluss hakelig.
In Giethoorn hat der Verkehr in der Dorfgracht Vorrang. Ihr kommt, wie ich und alle anderen Touriboote, von der Volkensvaart, müsst warten und im geeigneten Moment eine elegante Kurve meistern.
Das klingt theoretisch nicht schwer, gestaltet sich aber in einem Knäuel aus Touribooten nicht ganz so easy.
Die restlichen Meter führen euch wieder entlang der Häuser und hier ist Geduld gefragt. Da ihr hier nicht alleine unterwegs seid, könnt ihr nicht überholen und schleicht höchstwahrscheinlich vor euch hin, bis die Abzweigung zur Cornelisgracht erreicht ist.
Aber das ist nicht weiter wild und tut dem ganzen Ausflug keinen Abbruch.
Wenn ihr euer Boot abgegeben habt, dann nehmt euch noch die Zeit und besucht Giethoorn zu Fuß. Von den Holzbrücken aus habt ihr einen schönen Blick auf die Häuser und auf die Touriboote. Das gehört einfach dazu.
↑ Zurück zum Inhaltsverzeichnis
Euch hat der Blogartikel zur Bootstour durch Giethoorn gefallen?
Ich freu mich, wenn ihr ihn auf Pinterest speichert.
Weitere Beiträge über die Niederlande
Ich hoffe der Artikel hilft euch bei der Planung für euren Besuch in Giethoorn. Oder wart ihr schonmal in dort? Erzählt mir davon in den Kommentaren!