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Ferropolis – ein Besuch in der Stadt aus Eisen

Beitragsbild Reisetipps Sachsen-Anhalt Ferropolis

Ganz idyllisch sehen sie aus, die dicken Bagger im Freilichtmuseum Ferropolis. Umringt vom Ufer des Gremminer Sees nahe der Stadt Gräfenhainichen, warten MAD MAX, Medusa und Co. auf Besucher.

Es ist ein sommerlich warmer Oktobertag irgendwo im nirdenwo im südlichen Sachsen-Anhalt. Ich parke mein Auto und gehe zum Tickethaus. Die Dame hinter der Glasscheibe reicht mir lächelnd eine keine Übersichtskarte und einen Audioguide durch das Fenster und schon geht sie los, die Tour durch Ferropolis – der Stadt aus Eisen.


Inhaltsverzeichnis

Freilichtmuseum Ferropolis im ehemaligen Tagebau Golpa-Nord

Gremmin – vom Dorf zum See

Medusa, Big Wheel und Co. – die Tagebaugroßgeräte in Ferropolis

Absetzer Medusa
Raupensäulenschwenkbagger Mosquito
Schaufelradbagger Big Wheel
Gemini
Bagger MAD MAX

Ausstellung in Ferropolis – 30-kV-Umspannstation

Streetart in Ferropolis

Festivals und Veranstaltungen in Ferropolis

Spartipp für Ferropolis


Freilichtmuseum Ferropolis im ehemaligen Tagebau Golpa-Nord

Ich stehe auf der barrierefreien Aussichtsplattform des Absetzers Medusa. Der asphaltierte Boden unter mir ist mit kreisrunden Reifenspuren übersäht. Die stammen von einem der alljählich stattfindendem Festivals, die unter anderem die Herzen der Driftszene höher schlagen lassen. Sie sind der Grund, warum ich erst heute Ferropolis besuche.

Fotospot beim Bagger Medusa in Ferropolis
Fotospot beim Bagger Medusa in Ferropolis



Geplant war der Ausflug in die Stadt aus Eisen zusammen mit meinem Besuch in der Lutherstadt Wittenberg.

An dem Wochenende fand eins, der vielen Festivals statt, die hier in Ferropolis veranstaltet werden. Dann ist das Freilichtmuseum verständlicherweise für normale Besucher nicht geöffnet.

Anstatt Massen an feierfreudigen Festivalbesuchern tummeln sich an diesem sommerlichen Herbsttag ca. 30 andere Besucher mit mir auf dem Areal. Die Sonne scheint, der Wind weht lau vor sich hin.

Die Aussicht von der Medusa auf die anderen vier Kolosse aus Stahl ist bestens. Und im Hintergrund glitzert der Gremminer See unschuldig vor sich hin.

Gremmin – vom Dorf zum See

Das kleine Dorf Gremmin teilt seine traurige Geschichte mit etwa 300 weiteren Ortschaften in Deutschland, die durch die Gewinnung der Braunkohle von der Landkarte verschwinden mussten. Einzig geblieben ist die Erinnerung mit einigen Bildern auf einer Schautafel und der Name, nachdem der See benannt ist.

Der Gremminer See ist noch jünger als Ferropolis selbst. Die heutige Sadt aus Eisen wurde 1995 gegründet. Von den 1960er-Jahren bis 1991 wurden rund um die Halbinsel kanpp 70 Millionen Tonnen Rohbraunkohle, im Tagebau Golpa-Nord, gefördert. 2000 begann die Flutung des Restloch des Tagebaus. Ganze 5 Jahre hat es gebraucht um die 530 Hecktar große Fläche mit 71 Millionen m³ Liter Wasser zu füllen.

Ausblick vom Bagger Gemini auf den Gremminer See
Ausblick vom Bagger Gemini auf den Gremminer See

Der heutige See läd an seinem 14 Kilometer langen Ufer zum Baden ein. Alternativ kann man rundrum spazieren gehen und auch Tauchen ist erlaubt. Dafür braucht ihr allerdings eine Genehmigung. Jedenfalls haben das meine Recherchen ergeben.

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Medusa, Big Wheel und Co. – die Tagebaugroßgeräte in Ferropolis

So, genug geplaudert. Kommen wir zu dem Grund, weswegen ich Ferropolis besucht habe: die Tagebaugroßgeräte. Ich muss ja sagen, dass ich ein heimlicher Fan von diesen schweren Maschinen und dem ganzen Thema bin. Auch wenn es hier keine Hochöfen wie in Belval in Luxemburg gibt, ist Ferropolis eine reine Augenweide.

Absetzer Medusa

Es geht langsam treppab von der Aussichtsplattform der Medusa. Man läuft an rostigen Türen vorbei und kann hin und wieder mal einen Blick in eine der Fahrerkabinen werfen. Das ist Geschichte zum Anfassen. Es ist wirklich unglaublich, wenn man neben dem 36 Meter großem Absatzer steht. Ich bekomme ein leicht mulmiges Gefühl, als ich unter dem Koloss entlanggehe um mir als nächstes den Raupensäulenschwenkbagger Mosquito anzusehen. Immerhin hat Medusa ein Gewicht von 1200 Tonnen.

Aussicht vom Bagger Medusa in Ferropolis
Aussicht vom Bagger Medusa in Ferropolis

Wer mag kann hier auch einen Teil des Inneren von Medusa erkunden und den Zeitreise-Film „Von der Kohle zur Kultur“ ansehen.

Raupensäulenschwenkbagger Mosquito

Was ich schön finde, ist, dass bei jedem der Tagebaugroßgeräte eine kleine Schautafel mit den wichtigesten Eckpunkten steht. Mosquito ist der älteste Kandidat der fünf Ausstellungsstücke und mit seinen 792 Tonnen das Leichtgewicht in Ferropolis. 1941 wurde er in Magdeburg erbaut. Da fällt mir der Audioguide wieder ein. Ich drücke auf Play und lausche den Erinnerungen von Monika Miertsch, die seit 1970 viele Schichten als Baggerfahrerin auf der Mosquito verbrachte.

Bagger Mosquito in Ferropolis
Bagger Mosquito in Ferropolis

Schaufelradbagger Big Wheel

Als nächstes statte ich Big Wheel einen Besuch ab. Sein 8,4 Meter hohes, rostrotes Förderrad kann man nicht übersehen. Mit einer Gesamtgröße von immerhin 31 m Höhe und 74,5 m Länge macht der jüngste unter den fünf Museumsstücken ordentlich was her. Gerade mal 3 – 5 Leute brauchte es nur, um den Koloss in Bewegung zu halten.

Bagger Big Wheel
Bagger Big Wheel in Ferropolis

Gemini

Jetzt wird es spannend, schwer und riesig. Gemini, der mächtigste Brocken unter den Ausstellungsstücken, läd die Besucher in Ferropolis dazu sein, ganz nah auf mit dem Koloss auf Tuchfühlung zu gehen. Da lasse ich mich nicht lange bitten und klettere die schmale Gitterrosttreppe in die Höhe.

Ferropolis Bagger Gemini
Bagger Gemini ist der schwerste Koloss in Ferropolis

Gemini ist nicht einfach nur ein Bagger, sondern vereint Aufnahme- und Abwurfgerät in einem. Von der ersten Aussichtspunkt habe ich einen super Blick auf den einen Teil des 60 Meter langen Auslegers und auf den Gremminer See.

Dann geht es auf der anderen Seite des Tandembaggers entlang bis zum Aufnahmeteil des Stahlriesen. Hier kann man nicht nur einen Blick in das Maschinenhaus werfen, sondern auch hineingehen und die alten Technikanlagen betrachten. Sehr interessant.

Ausblick vom Tandembagger Gemini auf Big Wheel
Ausblick vom Tandembagger Gemini auf Big Wheel

Bagger MAD MAX

651 Es 1120 lautet der offizielle Name von Bagger Nummer 5, der wohl den schönsten Platz in Ferropolis bekommen hat. Er steht an der Arena zur Seeseite und ist mit seinen vierzig riesigen Eimern wirklich ein Blickfang. Besonders schön wird er bei den Festivals in Szene gesetzt. Bei meinem Besuch in Ferropolis hatte ich leider fieses Gegenlicht, daher gibts hier kein Bild von MAD MAX, dafür noch ein paar Details der anderen Bagger.

Ferropolis Detail einer Tür
Alte Lichtverteilung in einem der Bagger in Ferropolis
Detail vom Bagger Gemini in Ferropolis

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Ausstellung in Ferropolis – 30-kV-Umspannstation

Nach soviel Geschichte zum Anfassen wird es Zeit, etwas mehr über die Geschichte des Tagebaus zu lernen. Auch dafür gibt’s in Ferropolis eine Anlaufstelle. Die liegt im hinteren Teil der Halbinsel ungefähr auf der Höhe zwischen Gemini und Big Wheel in einem grauen Gebäude. Das Haus trägt den Namen 30-kV-Umspannstation und war einst für die Stromversorgung des Tagebaus zuständig. Im Obergeschoss hat das Bergbaumuseum ein richtiges Highlight parat.

Blick in die 30-kV-Umspannstation in Ferropolis
Blick in die 30-kV-Umspannstation in Ferropolis

Bevor es mich ins oberste Stockwerk verschlägt, schaue ich mich um Erdgeschoss um. Durch die Flure geht es vorbei an einem lebensgroßen Modell eines Stollen und vielen originalen Ausstellungsstücken, wie Lampen, Pumpen oder Gleisteilen.

In den oberen Stockwerken versorgt euch die Ausstellung mit der Geschichte des Tagebau der Region. Neben vielen Fotos der fast dreißig Betriebsjahre kann man auch die Schaltwarte besichtigen. Wo früher die Stromversorgung des Tagebaus geregelt wurde, werden heute Bündnisse der Ehe geschlossen. Abgesehen davon ist der Wartebereich richtig süß mit einem alten Sofa eingerichtet. Wenn da mal nicht eine coole Location für eine Hochzeit ist.

Schaltwarte in Ferropolis
Die Schaltwarte in Ferropolis – früher Stromversorgung, heute Standesamt

Ein Highlight gibt es hier oben noch zu sehen. Und zwar ist es der Nachbau des Skeletts eines Waldelefanten, der 1987 am Braunkohletagebau Gröbern, südöstlich von Gräfenhainichen gefunden wurde. Anhand der gefundenen Skelettteile konnte man ablesen, dass der Waldelefant eine Schulterhöhe von fünf Metern hatte, fünf Tonnen wog und 2,5 Meter lange Stoßzähne hatte.

Das originale Skelett könnt ihr im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle an der Saale bestaunen. Dort wird übrigens auch die Himmelsscheibe von Nebra ausgestellt. Die wiederum wurde gut 20 Kilometer entfernt von der Kreisgrabenanlage von Goseck gefunden. Falls ihr euch jetzt fragt, wo Goseck liegt, dann schaut gerne mal in meinem Blogartikel zur Region Saale-Unstrut vorbei.

Brückenkran im Freilichtmuseum Ferropolis
Brückenkran im Freilichtmuseum Ferropolis

Ok, jetzt habe ich mich wieder verquatscht, aber ok. Ich bin mit meinem Rundgang durch Ferropolis fast am Ende. Ich verlasse das Gelände, unterquere den Brückenkran und gebe meinen Audioguide wieder ab.

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Streetart in Ferropolis

Bevor ich abfahre, mache ich noch einen kurzen Spaziergang zum Ortseingang von Ferropolis. Ja, Ferropolis hat bei der feierlichen Eröffung auch sein eigenes Ortsschild bekommen. Nur ein paar Meter entfernt davon stehen die bunten Snackhäuschen für Festivalbesucher. Die sind bei meinem Besuch zwar geschlossen aber auch nicht der Grund, warum ich hier hier gehe.

Festivalfoodstände in Ferropolis
Festivalfoodstände in Ferropolis

Ich möchte mir die Gemälde von Hendrik Beikirch aka ECB ansehen. Die schwarz-weißen Porträts des deutschen Künstlers findet man weltweit. Ob in Toulouse in Frankreich, Neu Delhi in Indien, den Niederlanden, Brasilien oder Marokko. Seine riesigen Werke prangen an den verwitterten Glasscheiben einiger alten Werkstatthallen am Rande von Ferropolis und zeigen acht Porträts, die stellvertretend für die ehemals 800 Bergleute, die in den Tagebaugebieten arbeiteten.

Streetart in Ferropolis
Streetart in Ferropolis

Darunter ist unter anderem ein Tagebauleiter, ein Elektriker, ein Bergmann und Baggerfahrerin Monika Miertsch, deren Erzählungen ich vor einigen Minuten noch durch den Audioguide gehört habe.

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Festivals und Veranstaltungen in Ferropolis

Ich hatte schon erwähnt, dass Ferropolis oft für Veranstaltungen als Kulisse uns Campingplatz genutzt wird. Egal ob Triathlon, Vanlife, Flohmarkt oder Musikfestival – in Ferropolis gibt’s für jeden was im Programmkalender. Die genauen Versanstaltungen, die pro Jahr geplant sind, könnt ihr auf der Website von Ferropolis nachlesen.

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Spartipp für Ferropolis

Ok, ok. Acht Euro pro Person für den Eintritt zu Ferropolis sind nicht die Welt. Den Audioguide bekommt ihr für 2 Euro dazu und könnt ihn mit mehreren Leuten nutzen. Aber falls ihr mehr in der Region erkunden wollt, wie z. B. die Sammlung Katharina II. in Zerbst/Anhalt oder das Gartenreich Dessau-Wörlitz, dann kann ich euch die WelterbeCard empfehlen.

Was man sonst als Citypass kennt (ein Zugangsticket für verschiedene Attraktionen, Sehenswürdigkeiten und Vergünstigungen, die je nach Stadt 1, 2, 3 oder mehr Tage gültig sind), gibt es in diesem Fall für die Region zwischen Anhalt, der Bauhausstadt Dessau und der Lutherstadt Wittenberg. In dem Fall, dass ihr euch für die WelterbeCardentscheidet, wäre der Eintritt für Ferropolis kostenfrei. Schaut einfach mal, ob sich die WelterbeCard für euch lohnt.

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Wart ihr bereits in Ferropolis oder würde euch ein Ausflug in die Stadt aus Eisen interessieren? Erzählt mir davon in den Kommentaren.

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